VDJ Info 13/2021 vom 18.10.2021

Deutsche Wohnen & Co enteignen gewinnt in Berlin - Eigentümergesellschaften hoffen auf Giffey

Es ist in der Geschichte der jüngeren Bundesrepublik durchaus einzigartig: Der Berliner Volksentscheid zu Deutsche Wohnen und Co. enteignen wurde bei der Berliner Chaoswahl vom 26.09.2021 mit großer Mehrheit angenommen. Anders als bei vergleichbaren Abstimmungen etwa in der Schweiz führt das zwar keineswegs dazu, dass dieser Entscheidung nun auch Taten folgen müssten. So besteht auf der Kapitalseite weiterhin Hoffnung, das Ergebnis des Volksentscheids mit Hilfe der zukünftigen sozialisierungsfeindlichen Regierenden Oberbürgermeisterin kassieren zu können. Was konkret tagespolitisch aus dem Entscheid folgen wird, ist offen. Der Erfolg des Entscheids gibt aber trotzdem zu erkennen, dass spürbare soziale Probleme wie die Mietenentwicklung in Berlin dazu führen können, das fast vergessenes Instrument des Art. 15 Grundgesetzes wiederzubeleben und überzeugende Mehrheiten zu mobilisieren. Die zumindest für bestimmte Bereiche des sozialen Lebens auftretenden Zweifel am Marktsystem scheinen auch bei Wähler:innen von enteignungsfeindlichen Parteien weiter verbreitet als bisher vermutet. Abgesehen von der Frage, ob sich auf Bundesebene ein so mobilisierungsfähiges Thema und eine so gut organisierte Kampagne aufstellen ließe - die Frage des Eigentums und der Sozialisierung als einer auch wirtschaftlichen Demokratisierung der Bundesrepublik sind auf dem Tisch.

Der US-Amerikanische Geheimdienst plante die außergerichtliche Ermordung des Journalisten Julian Assange

Wie am 26.09.2021 durch einen Bericht bekannt wurde, diskutierte der US-Auslandsgeheimdienst CIA bereits im Jahr 2017 die Entführung und außergerichtliche Ermordung des Enthüllungsjournalisten Julian Assange. Die Diskussionen wurden augenscheinlich auf der obersten Regierungsebene geführt. Assange befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Londoner Botschaft von Ecuador. Er sitzt mittlerweile seit Jahren in Isolationshaft und wehrt sich gegen eine Auslieferung in die USA, wo - wie er nachvollziehbar argumentiert - sein Leben in Gefahr ist und ihn eine unverhältnismäßige Strafe für seine journalistische Tätigkeit erwartet. Der Aufschrei in der westlichen Welt blieb trotz einer so eklatanten Verletzung der vielbeschworenen "westlichen Werte" erwartungsgemäß aus. Die Verfolgung von Journalist:innen ist für die westlichen Politiker:innen und Medien nur dann besonders besorgniserregend, wenn sie von bestimmten Akteur:innen ausgeht. Im selben Zusammenhang wurde auch bekannt, dass die US-Administration plante, Journalist:innen zu "Informationshändlern" umzudefinieren, um den besonderen Schutz der Presse zu umgehen. Assange war ursprünglich bekannt geworden, als er 2010 Videomaterial veröffentlichte, aus dem hervorging, wie US-Soldaten während des Irakkriegs anlasslos Zivilist:innen, darunter Journalisten und Kinder, ermorderten und sich über diese Morde belustigten.

Nachruf für Heiner Busch

Freundlichkeit, Herzenswärme und Zugewandtheit, das sind die Eigenschaften, an die sich diejenigen, die Heiner Busch gedenken, zuerst erinnern. Der Begründer und Herausgeber der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei (CILIP), langjähriges Vorstandsmitglied des Komitees für Grundrechte und Demokratie und Autor einer Vielzahl fundierter polizeikritischer Bücher ist Ende September in seiner Wahlheimat Bern verstorben. Die VDJ erinnert ihn als einen Mitstreiter für Bürger- und Menschenrechte, als scharfsinningen Autoren und Überzeugungstäter. Als demokratischen Rechtsstaat erkannte Heiner Busch nur einen Staat an, der seinen Hoheitsorganen enge Grenzen setzt und sie nicht frei gewähren lässt. Es bleibt jede*r selbst überlassen, zu entscheiden, wie die gegenwärtige Bundesrepublik vor dieser Folie einzuschätzen ist. Sein "Herumnörgeln an der Polizei", wie er seine fundierte polizeikritische Arbeit selbst kokett bezeichnet hat, wird fehlen.

Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert Sondierungsergebnisse - berechtigte Sorge bei Sozial- und Fiskalpolitik

In einer Pressemitteilung vom 15.10.2021 weist der Paritätische Wohlfahrtsverband mit Sorge auf das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP und beklagt insbesondere, dass aus dem Papier die Finanzierung der Vorhaben nicht ersichtlich sei, und es an einem Konzept fehle, die Armut in Deutschland zu bekämpfen. Wichtige Themen, wie Bürgerversicherung oder Wohnungspolitik, kämen nicht vor. Die vollständige Erklärung findet sich hier. Tatsächlicht wird nicht klar, wie die Folgen der Transformation und der Corona-Eindämmung finanziert werden sollen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass an einer strengen Austeritätspolitik ("Schuldenbremse") festgehalten werden soll. Sozialpolitisch soll zwar "Hartz vier" in "Bürgergeld" umbenannt und eine Kindergrundsicherung eingeführt werden - ein grundsätzliches Ende der Gängelung und Entwürdigung von Millionen Menschen oder eine tatsächliche Absicherung der Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben steht damit aber nicht auf dem Programm. Und die angekündigte Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Bereich des Arbeitsschutzes sogar eine Anhebung der täglichen Arbeitszeit droht. Eine zeitgemäße Fortentwicklung des Sozialstaates und ein angemessener Arbeits- und Gesundheitsschutz auch im HomeOffice sind nicht vorgesehen. Die Bürgerversicherung ist vom Tisch, die Zweiklassenmedizin wird fortgeführt. Statt einer langfristigen Sicherung der Rente durch Ausweitung der Beitragspflicht sieht das Papier lediglich ein 10 Milliarden Geschenk für die private Versicherungswirtschaft vor. Immerhin lässt sich nicht sagen, dass die mageren Ergebnisse in der Sozial- und Fiskalpolitik durch große Eingeständnisse beim Klimaschutz erkauft worden seien, denn auch klimapolitisch gibt das Papier nichts Konkretes her. Die größte Würdigung der Ergebnisse stammt daher wohl von Friedrich Merz, der das Papier lobte und sagte: "Das hätten wir auch haben können."

Rechtsanwält*in im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht in Berlin gesucht

Die Kanzlei Berger Groß Höhmann sucht ab sofort eine Rechtsanwält*in im Arbeits-/Betriebsverfassungsrecht in Berlin. Die Kanzlei für Arbeitsrecht, Erbrecht und Sozialrecht hat derzeit 17 Berufsträger*innen. Im Arbeitsrecht ist sie spezialisiert auf die Beratung und Vertretung von Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmervertretungen. Zur Verstärkung ihres Arbeitsrechtsteams sucht sie vorzugsweise Rechtsanwält*innen mit arbeitsrechtlichen Vorkenntnissen, die bestenfalls durch Fachanwaltstitel oder erfolgreiche Teilnahme am Lehrgang, arbeitsrechtliche Ausbildungsschwerpunkte oder Prädikatsexamina belegt sind. Einschlägige erste Berufserfahrung ist von Vorteil, aber auch Berufsanfänger*innen sind willkommen. Bei Interesse an einer Mitarbeit freut sich dier Kanzlei auf Ihre Bewerbung an: personal@bghp.de. Die Stellenanzeige findet sich auch hier.

ELDH-Stellungnahme: Solidarität mit dem Bürgermeister von Riace, Dominico Lucano - Gegen die Kriminalisierung von Flucht

Die Europäische Vereinigung von Juristinnen & Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt mit Mitgliedern in 21 Ländern kritisiert die Verurteilung des ehemaligen Bürgermeisters von Riace, Dominico Lucano, durch die italienische Strafjustiz. Sie sehen darin einen weiteren Versuch der Kriminalisierung von Flucht und Fluchthilfe. Lucano war europaweit bekannt geworden durch die Aufnahme von Flüchtlingen in leerstehenden Häusern in Riace. Dafür wurde er nun zu 13 Jahren Haft verurteilt. Das außergewöhnliche Strafmaß ist ein weiteres Indiz dafür, dass hier Menschenfreundlichkeit und Gastfreundschaft vor Gericht standen, während die rechtswidrige Abschottungspolitik von Salvini ungestraft bleibt. Das vollständige Statement findet sich hier.

Letzte Plätze: Arbeitskreis Arbeitsrecht am 23.10.2021 in Frankfurt u.a. mit arbeitsrechtlicher Analyse der Bundestagswahl

Für die Herbsttagung des Arbeitskreis Arbeitsrecht der VDJ am 23.10.2021 gibt es weitere freie Plätze. Die Tagung findet am 23. Oktober 2021, 10.30 Uhr-16.00 Uhr in Frankfurt/Main sowie virtuell im Livestreaming mit interaktiver Beteiligung. Themen sind "Rechtspolitische Herausforderungen im Arbeitsrecht – was sind die Perspektiven nach der Bundestagswahl am 26.09.2021" mit der Referentin Micha Klapp, Leiterin der Abteilung Recht beim DGB-Bundesvorstand. Außerdem referiert Michael Schubert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg über "Die neue Arbeitsbedingungenrichtlinie der EU – Gesetzgeber im Verzug" und Dr. Simon Gerdemann vom Institut für Wirtschafts- und Medienrecht an der Universität Göttingen spricht zum Thema "Whistleblowing als unveräußerliches Arbeitnehmer*/Innenrecht - EU-Whistleblowing-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die betriebliche Praxis in Deutschland". Bei jeder Form der Teilnahme wird für Fachanwälte gemäß § 15 FAO ein Teilnehmernachweis für 5 Stunden erstellt und nach der Tagung versandt. Der Tagungsbeitrag beträgt EUR 120,00 (EUR 40,00 für Studenten, Referendare und Rechtsanwälte/Rechtssekretäre in den ersten zwei Jahren nach Berufsbeginn). Letzte Anmeldungen sind möglich unter: AKArbR@arbeitsrechtsanwaelte-hamburg.de

Lesenswert: Heribert Prantl darüber, was der Fall Kurz über die Demokratie in Österreich sagt

In seiner Kolumne in der Süddeutschen Zeitung beschreibt Heribert Prantl den neuen Skandal um das "Team Kurz" beim Kauf von günstiger Berichterstattung und passenden Umfragen durch Inserate, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden, als einen Verrat an der Demokratie. Tatsächlich offenbaren die Chat-Protokolle ein skuriles Sittenbild, in dem sich orthographisches Unvermögen mit Eitelkeit und Selbstüberschätzung mischt. Lediglich die Frage, ob dieses Gebahren ein Verrat an der bürgerlichen Demokratie sei oder die Verstrickung von Politik, Medien und Kapital nicht auch einen ihrer Wesenszüge offenbart, sei der Lektüre von unserer Seite beigegeben. Der vollständige Beitrag findet sich hier.

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