Mitteilung

Dresden: Klare Ansage für Solidarität statt Ausgrenzung

Von der Auftaktkundgebung am Altmarkt demonstrierten rund 40.000 Menschen durch die Dresdner Innenstadt für eine offene und freie Gesellschaft und gegen Rechtsruck. Die große Mehrheit der Teilnehmenden kam aus Dresden und dem Umland. Zusammen mit Tausenden Menschen aus dem Bundesgebiet war es eine der größten Demonstrationen, die Dresden seit 1989 erlebt hat. Zeitweilig war die gesamte Demostrecke von 4,6 km, die auch über die beiden Elbbrücken ging, durchgängig von Demoteilnehmer*innen belegt.

Im Jurist*innenblock, der sich dem Themenblock "Solidarität und Menschenrechte" angeschlossen hatte, marschierten Mitglieder der Vereinigung Berliner Strafverteidiger, des RAV und der VDJ.

Neben anderen sprachen vom Lauti der Hedonistischen Linken, die mit einem (laut-)starken Musikprogramm mitmischte u. a. Rechtsanwältin Anne Nitschke für den RAV und die VDJ über die Rechtsentwicklung in Politik und Justiz in Sachsen, Rechtsanwalt Stephan Schneider (Strafverteidigervereinigung), Rechtsanwalt Dr. Peer Stolle (Bundesvorsitzender des RAV)  und der Bundesvorsitzende der VDJ Rechtsanwalt Joachim Kerth-Zelter, dessen Redebeitrag nachstehend eingestellt ist:

Als ich heute Morgen mit dem Zug hierher unterwegs gewesen bin, habe ich befürchtet, dass nur Wenige hierher kommen würden. Deshalb bin ich so sehr erfreut, dass so viele Menschen den Weg hierher zu dieser Demo gefunden haben und damit zeigen, dass für sie Toleranz und Mitmenschlichkeit an oberster Stelle stehen und dass wir unteilbar sind.

Seit Jahren erleben wir, dass die Lebensverhältnisse der Menschen zunehmend auseinanderdriften, in der Stadt und auf dem Land, im Osten Deutschlands aber auch im Westen. Es findet eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft im arm und reich statt. Die Reichen werden immer reicher und die Armen zunehmend ärmer, was unter anderem am Fehlen einer Vermögenssteuer liegt. Besonders fatal ist, dass diese Teile der Gesellschaft sich immer weniger austauschen und immer weniger miteinander sprechen. Eine demokratische Gesellschaft lebt aber vom Austausch innerhalb der Gesellschaft, von hoher Durchlässigkeit und Chancengleichheit. Es ist für Kinder ärmerer Familien viel schwerer als anderswo, eine höhere Schulbildung zu erhalten und damit auch an gesellschaftlicher Teilhabe zu partizipieren.

Findet das nicht statt, so polarisiert sich eine Gesellschaft zunehmend.

Das führt dann letztlich dazu, dass sich immer mehr Menschen im eigenen Land fremd und unverstanden fühlen. Die zunehmende Fremdheit hinterlässt bei vielen - besonders im Osten dieses Landes - das Gefühl des “Abgehängtseins“. Daraus erwächst Hass und dieser richtet sich immer gegen diejenigen, die man als anders und fremd ansieht, also gegen die Ausländer und Flüchtlinge. Als 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, war das ein „gefundenes Fressen“ für all diejenigen, die sich schon immer ungerecht behandelt fühlten und der Hass ist in Angriffe und Brandstiftungen gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte umgeschlagen.

In unserem Land genießen aber gerade Flüchtlinge - nicht zuletzt aufgrund der schlimmen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg - einen besonders hohen Schutz nach der Verfassung und der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wenn sich der Hass gerade gegen Flüchtlinge richtet, dann unterstreicht das ein Versagen der Politik.

Die Regierenden haben es nicht vermocht, die „blühenden Landschaften“, die sie bei der Vereinigung Deutschlands versprochen haben, Wirklichkeit werden zu lassen. Das hat zu einem Bevölkerungsschwund in Teilen Ostdeutschlands und zu einer massiven Entindustrialisierung geführt, so dass bis heute die Arbeitslosigkeit gerade im Osten der Bundesrepublik Deutschland hoch ist.

Das Versagen der Politik zeigt sich auf einer ganzen Reihe von Politikfeldern:

• Es kann nicht sein, dass Menschen über lange Zeit keine Arbeit finden. Es kann nicht angehen, dass Menschen mit ihrer Arbeit nicht genug verdienen und deshalb weiter auf Sozialleistungen angewiesen sind. Aus unserer Sicht ist der Staat vielmehr nicht zuletzt auch aus dem Gleichheitsgebot der Verfassung verpflichtet, für gleiche Lebenschancen zu sorgen.

• Es muss dafür gesorgt werden, dass die vorhandene Arbeit gerecht verteilt wird und jeder mit seiner Arbeit in der Lage ist, sich und seine Familie zu ernähren.

• Es ist nicht hinnehmbar, dass Wohnraum mittlerweile so teuer geworden ist, dass viele ihn sich nicht mehr leisten können und mehr als 50 % ihres Einkommens alleine für diesen Wohnraum aufbringen müssen. Es ist Aufgabe des Staates, für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West, in den Städten und auf dem Land zu sorgen. Es muss bezahlbaren Wohnraum in ausreichendem Maße auch in den Großstädten geben. Der Staat muss in den Bau insbesondere von öffentlich geförderten Wohnungen investieren, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.Wenn das nicht geschieht, muss über die Verstaatlichung großer Wohnungsgesellschaften ernsthaft nachgedacht werden.

• Es muss endlich Schluss sein damit, dass große Firmen sich in Steuerparadiese flüchten und damit ihren Gewinn maximieren. Dass sie von der jeweiligen Infrastruktur eines Landes wie Deutschland profitieren, ohne ihren Beitrag zu dieser Struktur zu leisten.

• Es muss eine gerechte Steuerstruktur geschaffen werden, damit nicht nur die Erwerbstätigen besteuert werden und die Vermögensbesitzer keinen Beitrag zu leisten haben.

• Und nicht zuletzt muss entschieden gegen Hassmails und Cybermobbing vorgegangen werden, um die Vergiftung des öffentlichen Diskurses zu stoppen und so eine Versachlichung der gesellschaftlichen Diskussion zu erreichen. Dies würde dann auch zeigen, dass es nicht die Flüchtlinge sind, die für eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse von Teilen der Gesellschaft verantwortlich sind. Vielmehr werden die Flüchtlinge nur als „Sündenböcke“ missbraucht, um von den wahren Gründen und Ursachen der bestehenden Probleme abzulenken.

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Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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