Hamburger „Verfassungsschutz“ will Kritikern Maulkorb anlegen: Kritik am Inlandsgeheimdienst bleibt notwendig
Pressemitteilung der VDJ vom 04. Dezember 2025
Der Verfassungsschutz Hamburg hat Klage gegen den Linken Bürgerschaftsabgeordneten Deniz Celik eingereicht. Dieser hatte in einer Pressemitteilung geäußert, dass der „Verfassungsschutz“ durch „Vertuschung, V-Leute-Skandale und immer wieder auch durch den Schutz rechter Netzwerke aufgefallen“ sei. Diese Aussage will der Hamburger „Verfassungsschutz“ nun per einstweiliger Verfügung unterbinden.
Dabei geht es um einen grundsätzlichen Vorgang, der über Hamburg hinausstrahlt: Staatliche Institutionen sollen vor grundsätzlicher Kritik abgeschirmt werden. Dieses Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und auf die demokratische Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht mit besonderem Verfassungsrang. Von ihr geschützt sind gerade auch solche Aussagen, die eine Kritik am Staat und seinen Institutionen darstellen – auch in zugespitzter Form. Dies ist wesentlich für die Auseinandersetzung in der Demokratie.
Der Hamburger „Verfassungsschutz“ behauptet, durch die Aussagen des Abgeordneten sei die Arbeitsweise und Legitimität des Amtes infragegestellt. Jedoch haben die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern im NSU-Skandal selbst ihre Arbeit diskreditiert. Kurz nach Aufdeckung der NSU-Mordserie gab es im Jahr 2011 und 2012 aus großen Teilen zu Recht der Öffentlichkeit die Forderung nach Abschaffung des „Verfassungsschutzes“.
Der erste NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss hatte überzeugend festgehalten, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz „unbestreitbar versagt“ habe (BT-Drs. 17/14600, 853). Die Aufarbeitung der NSU-Mordserie im Bund und in den Ländern war geprägt durch ein Vorenthalten und Vernichten von wesentlichen Akten und eine Sabotage der parlamentarischen Kontrolle. In Hamburg kommt noch erschwerend hinzu, dass es das einzige Tatortbundesland ohne parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist und abseits einer wissenschaftlichen Aufarbeitung keine politische Aufklärung gewünscht war. Der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke hat in einer Stellungnahme zutreffend auf die spezifische Rolle Hamburgs und seiner Behörden im NSU-Komplex hingewiesen.
Die Vereinigung Demokratischer Jurist:innen hält an der Forderung fest, dass der Verfassungsschutz abgeschafft werden sollte. Ein Inlandsgeheimdienst, der Kritiker:innen mit Klagen überzieht, weil sie Kritik üben, schützt nicht die Bürger:innen und die Verfassung, sondern ist eine Gefahr für die Grundrechte.