Volksbegehren "Videoüberwachung" zielt auf ungebremste und uferlose Ton- und Videoüberwachung!
Der Gesetzesentwurf des "Aktionsbündnis für mehr Videoaufklärung und Datenschutz" ist verfassungswidrig. Die Bürgerinnen und Bürger können nicht mehr sicher sein, dass der Staat sie im öffentlichen Raum nicht abhört.
Durch den Gesetzesentwurf wird dem Grundrechtsschutz des Einzelnen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip durch die weitreichende Überwachung aller Bürgerinnen und Bürger keine Bedeutung mehr beigemessen. Die Eingriffsrechte des Staates sind immer auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Schon diesen rechtsstaatlichen Grundsatz ignoriert der Gesetzesentwurf. Auch werden die verschiedenen Gesetzeskompetenzen der Länder und des Bundes nicht beachtet.
Ohne Anlass und Grund sollen alle, die sich im Bereich der geplanten umfassenden Videoüberwachung des öffentlichen Raums befinden, überwacht werden, dies an bis zu fünfzig öffentlichen Orten Berlins mit einer absurden Anzahl von 1000 Kameras und anderen Abhörvorrichtungen, die neben der Videoüberwachung auch das gesprochene Wort aufnehmen und auf Vorrat speichern werden.
Die bezweckte Videoüberwachung der unbemerkten und biometrischen Gesichtserkennungsverfahren (§ 24a Abs. 1 Nr. 3 S. 3 ASOG-E) überschreitet klar erkennbar die Grenze der rechtlich zulässigen Überwachung.
Die Initiatoren, die anführen, dass der vorliegende Gesetzesentwurf zur deutlichen Verhinderung von Straftaten führen würde, verkennen, dass durch die Wahrnehmung und Dokumentation von Straftaten im öffentlichen Raum keine einzige Straftat verhindert worden ist und auch nicht verhindert werden kann. Für die grundsätzliche Regelung der anschließenden Verfolgung der Straftaten kann der Berliner Gesetzgeber keine Gesetzeskompetenz aufweisen, dies ist einzig und allein Kompetenz des Bundes.
Auf die in der rechtswissenschaftlichen Diskussion hingewiesenen schwerwiegenden Gesetzes- und Grundrechtsverletzungen (Gutachten v. 14.01.2018 des Polizeirechtlers Prof. Dr. Fredrik Roggan) vermag auch der geänderte Entwurf der Initiatoren, nur die erweiterte Nichtbeachtung demokratischer Grundrechte als Antwort zu geben.
Das Gesetz beinhaltet Passagen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Es fehlt schon an der ausreichenden Bestimmtheit des Gesetzesentwurfes, wann Videoüberwachung als solche erkennbar sein muss. Die Grundrechtsverletzung tritt schon ein, wenn jede Person, egal ob straffällig oder unbescholten, unbemerkt akustisch und per Video überwacht wird. Schon die Kriterien der Installation der Überwachungseinrichtungen sind unklar.
Mit der gleichzeitig geforderten Einrichtung eines Instituts für Kriminalprävention machen die Initiatoren zudem deutlich, dass sie keine hinreichenden Belege dafür besitzen, dass durch Videoüberwachung Straftaten verhindert werden können. Dass für dieses Institut „der Polizeipräsident“ zuständig sei, lässt nicht nur die Zuständigkeit sämtlicher Polizeipräsidenten in der Bundesrepublik zu, auch dass das Institut als Hochschuleinrichtung und zugleich als oberste Landesbehörde fungieren soll, ist unzulässig. Zudem wird dadurch unzulässig in die Haushaltsgrundsätze eingegriffen.
Die Ermächtigung der Weiterleitung personenbezogener Daten von „Polizei und Staatsanwaltschaft“, mithin sämtlicher dieser Organe in der Bundesrepublik, ist nicht von der Gesetzeskompetenz des Berliner Landesgesetzgebers umfasst; auch der damit verbundene stetige Austausch dieser Informationen zwischen diesem Institut und nicht näher identifizierbarer „Opferverbände“ verstößt gegen das Berliner Datenschutzgesetz.
Dass den Initiatoren im Gesetzentwurf zudem mehrfach die Regelung der Sitzungsgelder für dieses Institut wichtig war, lässt erkennen, dass die Inanspruchnahme öffentlicher Gelder ein wesentliches Kriterium der Tätigkeit sein soll.
"Diese Überwachungs-Initiative reiht sich in die besorgniserregende Entwicklung der weiteren Verschärfung von Polizei- und Strafrecht ein. Unter dem Vorwand der Sicherheit werden die Rechte der Bürgerinnen und Bürger unzulässig weiter beschnitten. Allein im Jahr 2016 wurden in Berlin über 1,3 Mio. Telefonate abgehört. Das Aktionsbündnis will eine neue Stufe der Einschränkung der Bürgerrechte mit der anlasslosen Überwachung der Berlinerinnen und Berliner betreten“, erklärte Rechtsanwalt Ahmed Abed von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ).
Das Aktionsbündnis konnte nur 25.000 Unterschriften innerhalb von sechs Monaten sammeln. Die Abgeordneten und der Berliner Senat müssen den vorliegenden Gesetzesentwurf und das rechtswidrige Ansinnen der Initiative zur unzulässigen Überwachung und Grundrechtsverletzung zurückweisen.
Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, Regionalgruppe Berlin-Brandenburg
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Rechtsanwalt Ahmed Abed
Tel.: 030 28 502 300
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