Pressemitteilung

Offener Brief an Bundesminister zum EU-Lieferkettengesetz

Offener Brief an die Bundesminister Habeck, Buschmann und Heil
Wegen: EU-Lieferkettenrichtlinie

 

Frankfurt am Main, den 30. November 2022

 

Sehr geehrte Herren Bundesminister,

Am 23. Februar 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eineEU-Lieferkettenrichtlinie vorgelegt (Vorschlag für eine RICHTLINIE DESEUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Sorgfaltspflichten vonUnternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU)2019/1937). Der Vorschlag enthält weitreichende Regelungen hinsichtlich derunternehmerischen Sorgfaltspflicht bei der Überprüfung der Einhaltung derMenschenrechte in der Lieferkette. Der Entwurf befindet sich derzeit im Abstimmungsverfahrenmit den Mitgliedsländern der EU.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die Jahre 2021 bis 2025heißt es auf Seite 34: „Wir unterstützen ein wirksames EU-Lieferkettengesetz,basierend auf den UN-Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte...“

In der ARD-Monitorsendung vom 27.10.2022 wurde über den Entwurf einerWeisung der Bundesregierung an die Vertretung Deutschlands im Europäischen Ratberichtet, wonach diese angewiesen wird, durch eine Safe-Harbour-Klausel dieHaftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen in der zukünftigenEU-Regelung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen, wenn dieEinhaltung der Menschenrechte durch externe Prüfer zertifiziert ist. Zudem sollfür Risiken nicht gehaftet werden, die das Unternehmen im Rahmen einerRisikoanalyse nicht „beachtet“ hätte.[i]

Die desaströsen Erfahrungen mit dem Brumadinho-Staudamm in Brasilien,mit Rana Plaza in Bangladesch und Wirecard zeigen, was externe Zertifizierungenwert sind, die von den zu prüfenden Firmen in Auftrag gegeben und bezahltwerden.

Außerdem soll die Haftung nicht greifen, wenn die Unternehmen am Endeder Lieferkette keinen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen am Anfang derLieferkette haben.

Schon der Vorschlag der Kommission setzt für die Haftung von Unternehmensehr hohe Hürden. Durch die von der Bundesregierung beabsichtigten Änderungender EU-Lieferkettenrichtlinie würde diese weitgehend wirkungslos werden, obwohlWirtschaftsminister Habeck noch im Wahlkampf ein Gesetz „mit Biss“ geforderthat.

Wir bitten Sie, sich im Bundestag in seinen Fachausschüssen dafür einzusetzen,dass die Bundesregierung von der beabsichtigten Safe-Harbour-Klausel und derSorgfaltspflichtbegrenzung Abstand nimmt und den Entwurf der EU-Kommissionuneingeschränkt unterstützt.

Außerdem bitten wir Sie, sich dafür einzusetzen, dass im Haushalt desBundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit Haushaltsmittel fürBeratungsstellen in den Ländern des Globalen Südens zur Wahrnehmung der RechteBetroffener bei Menschenrechtsverletzungen eingestellt werden. Betroffeneallein können ohne Unterstützung ihre Rechte kaum wahrnehmen; das gilt fürNäherinnen in Bangladesch ebenso wie für Kinder in Coltan-Minen oder bei derKakaoernte. Die Umsetzung sollte durch die GTZ in Kooperation mit in diesenBereichen aktiven Nichtregierungsorganisationen erfolgen.

Menschenrechte sind unteilbar und gelten auch für die Menschen imGlobalen Süden. Sie sind durch wirksame Maßnahmen gerade auch im Rahmen vonLieferketten rechtlich durchzusetzen. Wir fordern Sie daher auf, Sorge zutragen, dass die Bundesregierung zu den im Koalitionsvertrag vereinbartenZielen zurückkehrt und in der Beratung für einen effektiven Schutz eintritt.

Mitfreundlichen Grüßen,

Dr.Andreas Engelmann, Rechtsanwalt
Bundessekretär der Vereinigung DemokratischerJuristinnen und Juristen e.V. (VDJ)


[i] https://www.ardmediathek.de/video/monitor/eu-lieferkettengesetz-bundesregierung-contra-menschenrechte/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWE1ODdmY2NhLTQwYTYtNGQyMi05YzEzLTQ3NmQ0MDU3MDQ4OQ

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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