Stellungnahme

VDJ fordert die sofortige Beendigung der Gewalt und die Beachtung des Völkerrechts durch die israelische Regierung und die Hamas

Die VDJ verurteilt die Verletzung des humanitären Völkerrechts durch die israelische Regierung und die Hamas. Die Gewalt beider Seiten richtet sich in erheblichem Umfang gegen die Zivilbevölkerung. Die VDJ ruft alle demokratischen Kräfte in Israel, den palästinensischen Autonomiegebieten und in Europa dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Konfliktparteien einen unverzüglichen Waffenstillstand vereinbaren.

Ausgangspunkt der aktuellen Gewaltwelle war die Entführung von drei jüdischen israelischen Jugendlichen im Westjordanland und die darauf folgende Abriegelung des südlichen Westjordanlandes durch die israelische Armee. Die Tötung dieser israelischen Jugendlichen und die anschließende Ermordung eines palästinensischen Jugendlichen durch israelische Staatsbürger führten zu einer Eskalation der Auseinandersetzungen. In beiden Fällen handelte es sich um grausame Mordtaten, die durch nichts zu rechtfertigen sind. Nach Presseberichten hat die israelische Regierung zwischenzeitlich Anklage gegen sechs Täter wegen der Ermordung des palästinischen Jugendlichen erhoben. Ob die Täter im Fall der ermordeten israelischen Jugendlichen durch die Verantwortlichen ermittelt sind, ist nicht bekannt.

Die israelische Regierung macht für die Entführung und Ermordung der israelischen Jugendlichen zwei Mitglieder der Hamas und damit die gesamte Hamas verantwortlich. Diese Behauptung ist für uns nicht überprüfbar, Informationen der palästinischen Sicherheitsbehörden zu den Tätern sind uns bislang nicht bekannt. Das legitime Interesse der israelischen Regierung, die Verantwortlichen der Mordanschläge vor Gericht zu stellen, kann nur durch Einhaltung rechtsstaatlicher und völkerrechtlicher Standards durchgesetzt werden. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen zwischen Israel und der Hamas treffen vor allem die Zivilbevölkerung. Sie haben bereits viele unschuldige zivile Opfer gefordert und werden dies weiterhin tun. Die VDJ fordert eine unabhängige Untersuchung darüber, ob beide Seiten die völkerrechtlich verbindlichen Standards eingehalten haben.

Die VDJ wird die Initiative ergreifen um zusammen mit anderen europäischen Juristenorganisationen unverzüglich eine fact-finding-mission zu organisieren, um die die tatsächlichen Vorgänge, soweit dies möglich ist, zu ermitteln und für diese ggf. Beweise zu sichern.

Die Frage, ob völkerrechtliche Vorschriften verletzt wurden, stellt sich insbesondere hinsichtlich der israelischen Luftangriffe und der durch diese getöteten Zivilisten, deren hohe Zahl alleine schon die Verhältnismäßigkeit in Frage stellt. Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen offenkundig unbewaffnete ZivilistInnen, wie im Fall der vier Kinder, getötet wurden.

Dies gilt auch für die Hamas. Es ist zu prüfen, inwieweit es zutrifft, dass die Hamas Raketenabschussbasen und andere Militäreinrichtungen in Wohngebieten eingerichtet hat und so Mitverantwortung für den Tod von Zivilisten trägt.

Weiter wird zu überprüfen sein, inwieweit die von Israel zunächst eingeleiteten Militäroperationen zur Auffindung der israelischen Jugendlichen und der Täter und die dabei vorgenommen Massenverhaftungen, zahllosen Luftangriffe gegen Einrichtungen der Hamas, aber auch zivile Gebäude sowie der Tötung von Hunderten PalästinenserInnen und zahllosen Verletzten verhältnismäßig und auch im Übrigen noch rechtmäßig waren. Zu prüfen ist dabei aber auch, ob der Einsatz militärischer Mittel überhaupt gerechtfertigt war, weil polizeiliche Mittel zur Auffindung der Täter von vornherein aussichtslos waren. Bereits die Einleitung des Militäreinsatzes, aber auch die Art und Weise der Kriegsführung, einschließlich des Einrückens von Bodentruppen in den Gazastreifen, begegnet schweren Bedenken und legt die Verletzung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen als Besatzungsmacht und des humanitären Völkerrechts nahe. Soweit Israel Warnungen über bevorstehende Luftangriffe ausgesprochen hat, ist zu klären, ob die Zivilbevölkerung genügend Zeit zum Aufsuchen von Schutzbereichen hatte und ob solche überhaupt ausreichend bestehen. Dies gilt umso mehr, wenn zigtausende Bewohner von Flüchtlingscamps aufgefordert werden diese zu verlassen, ohne dass auch nur ansatzweise erkennbar wäre, wo sie dann unterkommen können.

Dies gilt auch für die von der Hamas von Gaza aus vorgenommenen Raketenangriffe gegen zahlreiche in Israel gelegene Orte. Schon aufgrund der geringen Treffsicherheit der Raketen richten sich diese zwangsläufig auch gegen die israelische Zivilbevölkerung. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Opferzahl unter der israelischen Bevölkerung bislang gering ist. Die Raketenangriffe der Hamas – die insoweit wie ein staatlicher Akteur zu behandeln ist – verletzen das humanitäre Völkerrecht, da sie nicht geeignet sind, sich gegen die Militärschläge der israelischen Armee zu verteidigen, und da sie die Terrorisierung, Verletzung und Tötung von ZivilistInnen in Kauf nehmen.

Insbesondere wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit das legitime Interesse der israelischen Regierung, die Verantwortlichen der Mordanschläge vor Gericht zu stellen, noch in einer Beziehung zu den Militäroperationen steht oder ob durch die Militäraktionen illegitime Ziele, wie z.B. die Liquidierung der Hamas, durchgesetzt werden sollen. Die israelische Regierung ist verpflichtet, den Schutz der israelischen Bevölkerung mit den Mitteln durchzusetzen, die mit den geringsten Eingriffen in die Rechte derjenigen Bevölkerung verbunden sind, deren Territorium sie illegal besetzt hält.

Ein beständiger Frieden kann nach unserer Überzeugung erfolgreich gefunden werden, wenn auf den hoffnungsvollen Weg des Osloer Prozesses zurückgekehrt wird. Wir fordern die deutsche Regierung und die Europäische Union dazu auf, diplomatische und finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, um den Friedensprozess wiederzubeleben und beiden Konfliktparteien eine zukunftsfähige Perspektive zu bieten. Dies umfasst insbesondere die Bereitstellung von höheren Finanzmitteln zum Aufbau einer Infrastruktur in den palästinensischen Gebieten und die Förderung der dortigen wirtschaftlichen Entwicklung. Dies stellte einen substantiellen Beitrag für einen Friedensprozess dar.

Die VDJ fordert die israelische Regierung und die Hamas auf

  • die gewaltsame Auseinandersetzung insbesondere die Tötung von ZivilistInnen sofort zu beenden und in diesem Zusammenhang alle Militäreinsätze und Raketenangriffe sofort einzustellen;
  • die Voraussetzungen für eine friedliche Lösung des Konflikts zu schaffen. Dazu gehören insbesondere

- die Anerkennung der gleichberechtigten Existenz sowohl der jüdischen als auch der arabischen Bevölkerung in der Region,

- die Beseitigung der Mauer im Westjordanland, die Beendigung der illegalen Besatzung und Aufhebung der Abriegelung des Gazastreifens o die Anerkennung zweier selbstständiger Staaten – eines israelischen und eines palästinensischen – auch durch die Hamas und den islamischen Dschihad - in den Grenzen von vor dem 1967 begonnenen Kriegs – oder die Bildung eines einheitlichen demokratischen Staates, in dem alle Bürger gleichberechtigt sind sowie die Erklärung eines gegenseitigen Gewaltverzichts,

- die strikte Achtung der Menschenrechte unter Einschluss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, insbesondere des Rechts auf Wohnung, Nahrung, Gesundheit und soziale Sicherheit sowie die Erwirtschaftung eines hinreichenden Einkommens durch Arbeit.

  • Die Einrichtung eines internationalen Sonder-Tribunals für die Aufklärung und Aburteilung der in diesem Konflikt begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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