VDJ Info 02/2022 vom 07.02.2022

Erklärung der VDJ zu 50 Jahren Berufsverboten: Erinnerung, Mahnung, Aufgabe

In einer Stellungnahme vom 27.01.2022 widmet sich die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) dem 50. Jahrestag des sog. Radikalenerlasses vom 28.01.1972 und thematisiert insbesondere den politischen Hintergrund, die Perspektive der Betroffenen und das gesellschaftlich Klima von Angst und Duckmäusertum, das die Jagd auf Gesinnungsabweichler:innen im Rahmen der "Berufsverbote" erzeugte. Die Stellungnahme fordert eine vollständige, auch finanzielle Entschädigung der Betroffenen. Eine Rückkehr zum gesellschaftlichen Klima der Berufsverbote darf es nicht geben. Die Praxis der Berufsverbote ist unvereinbar mit dem Grundgesetz und den internationalen Menschenrechten. Eine Verteidigung der Demokratie kann nur transparent und rechtsstaatlich erfolgen. Die vollständige Erklärung findet sich hier.

Dazu: Stellungnahme der Humanistischen Union - „Berufs­ver­bote – ein Instru­ment für den Kampf gegen Rechts­ra­di­kale?“

Auch die Humanistische Union (HU) setzt sich in einer Stellungnahme vom 26.01.2022 mit den Berufsverboten auseinander und stellt angesichts diesbezüglicher Formulierungen im Koalitionsvertrag die Frage, inwiefern die damals getroffenen Maßnahmen eine zeitgenössische Reaktivierung - etwa im Kampf gegen Rechts - verdienen. Die Stellungnahme geht insbesondere auf den Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ein, der seinerzeit als konservative Bewahrung des status quo verstanden worden sei. Diese Aufladung kritisiert die Stellungnahme und begrenzt ihn auf das für ein demokratisches Zusammenleben Unerlässliche. Auch in Anbetracht der Gefahr durch rechtsextreme Einflussnahme sind nach Auffassung der HU weder der "Extremismus"-Begriff, noch die Regelanfrage oder eine Gesinnungskontrolle angebrachte und zeitgemäße Mittel des Rechtsstaats, sondern allein die Grenze der Legalität und das Disziplinarrecht. Die Stellungnahme findet sich hier.

Anmesty sieht Apartheid in Israel - Vorhersehbare Reflexe von allen Seiten

In einem Bericht vom 01.02.2022 kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zu dem Schluss, dass die Behandlung der Palästinenser:innen in Israel und den besetzten Gebieten die Bezeichnung der "Apartheid" verdient. Inhaltlich will der Bericht das Ausmaß der Benachteiligung und des Ausschlusses von Palästinenser:innen in Israel offenlegen. Er kommt zu dem Schluss, dass dieser Minderheit in einer für Apartheidstaaten typischen Weise systematisch Rechte vorenthalten werden. Der Bericht konstatiert zudem eine Pflicht der internationalen Gemeinschaft darauf angemessen zu reagieren. Die Einschätzung der anerkannten Menschenrechtsorganisation hat großen, oft aber auch reflexhaften Widerspruch hervorgerufen. Von der Tagesschau ("Nein, Israel ist kein Apartheidstaat") bis zur taz ("Nachruf auf eine honorige Organisation") fühlten sich Kommentator:innen aufgefordert, Anmesty zu sagen, dass sie es besser wissen. Diese Angriffe schwächen die Stellung von NGOs insgesamt, deren Arbeit und Berichte entwertet werden, wenn sie lediglich dann hochgehalten werden, wenn die Ergebnisse (geo-)politisch opportun sind. Der Bericht liefert Material, anhand dessen die zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie die Staaten selbständige (und also auch von Amnesty abweichende) Urteile treffen können. In dieser Hinsicht ist der Bericht in jedem Fall zu begrüßen.

"Tag des verfolgten Anwalts" am 24.01.2022 zur Lage in Kolumbien

Am 24.01.2022 fand international der Tag des verfolgten Anwalts statt. In Berlin fand sich eine Delegation von RAV, der Anwaltskammer Berlin, der Vereinigung Berliner Strafverteidiger und der VDJ zusammen. Eine gemeinsame Petition mit der Forderung, die Kolleg:innen in Kolumbien besser zu schützen, wurde bei dieser Gelegenheit in der Kolumbianischen Botschaft übergeben. Hintergrund der Nominierung von Kolumbien ist die anhaltende Verfolgung von Menschenrechtsanwält:innen und die hohe Zahl von Morden an Berufskolleg:innen.

BVerwG: Stadt München darf Veranstaltungen zum Thema "BDS" nicht aus städtischen Räumen ausschließen

Mit Urteil vom 20.01.2022 hat das Bundesverwaltungsgericht (Az. 8 C 35.20) nicht ganz überraschend festgestellt, dass der Münchener Stadtratsbeschluss, Veranstaltungen zum Thema Boycott Desinvest Sanction (BDS) in den Räumlichkeiten der Stadt nicht zuzulassen, mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 GG konfligiert und rechtswidrig ist. Themenbezogene Widmungsbeschränkungen verletzten die Meinungsfreiheit, insbesondere, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, nicht meinungsneutral sind. Solange bei einer konkreten Veranstaltung keine Rechtsbrüche zu befürchten seien, könne die Stadt die Veranstaltung also nicht ausschließen. Die Pressemitteilung des Gerichts findet sich hier. Die klare Verteidigung der Meinungsfreiheit innerhalb der Grenzen der Legalität erscheint aus zivilgesellschaftlicher Sicht begrüßenswert. Meinungskämpfe können und müssen innerhalb der Gesellschaft geführt und dürfen nicht hoheitlich vorgeschrieben werden.

Buchankündigung zu 50 Jahren VDJ: "Streit ums Recht" erscheint im Spätsommer bei VSA

"Streit ums Recht - Rechtspolitische Kämpfe in 50 Jahren »Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen« (VDJ)" heißt der Band, der im Spätsommer im VSA Verlag erscheinen wird. Ausgehend von den Satzungszielen der Vereinigung - Gleichheit, Freiheit, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit und Völkerfreundschaft - gehen wir im 50. Jahr des Bestehens der VDJ in vielen Einzelbeiträgen dem Stand der rechtspolitischen Diskussion und Entwicklung nach: Wie lässt sich die Entwicklung des Rechts der Bundesrepublik unter den Gesichtspunkten der gleichen Teilhabe, der Demokratisierung, der Rechtsstaatlichkeit, der Förderung von Gleichheit und der internationalen Solidarität beurteilen? Dazu haben wir Autor:innen, die auf unterschiedlichen Gebieten für ein fortschrittliches, offenes und solidarisches Recht kämpfen, eingeladen, ihre Perspektive auf den Stand der Dinge zu geben. Die Vorankündigung des Verlags findet sich hier. Mitglieder der VDJ erhalten den Band vergünstigt über die Vereinigung.

Save the date: Tagung und Feier zu 50 Jahren VDJ am 24.09.2022 in Frankfurt/Main

Passend zum Buch erinnern wir an unsere 50 Jahre-Feier, auf der das Buch "Streit ums Recht" vorgestellt werden wird. Wir laden unsere Mitglieder und Freund:innen ein, am 24.09.2022 ab 16 Uhr in Frankfurt am Main zu feiern. Auf dem Programm stehen intergenerationelle Perspektiven auf unsere Vereinigung, Grußworte von Freund:innen und Mitstreiter:innen, ein Podium zu rechtspolitischen Themen, die Verleihung des Hans-Litten-Preises und ein gemeinsames feierliches Ausklingen. Die Teilnahme wird gegen einen Selbstkostenbeitrag möglich sein. Eine Vormerkung des Datums ist, sofern noch nicht geschehen, sinnvoll. Wir freuen uns auf ein großes Zusammenkommen, Wiedersehen und Kennenlernen.

Institut für Menschenrechte: Menschenrechtliche Verantwortung nach dem Abzug aus Afghanistan

Das Institut für Menschenrechte hat eine Analyse zur menschenrechtlichen Verantwortung nach dem Abzug aus Afghanistan veröffentlicht. Darin beschreiben Hendrik Cremer und Catharina Hübner die Schutzpflichten Deutschlands für besonders schutzbedürftige Afghan*innen nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Die Autor:innen argumentieren, dass bereits aus dem Grundgesetz, aber auch aus menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik eine Pflicht zum aktiven Schutz nicht nur gegenüber Ortskräften, sondern auch für weitere besonders schutzbedürftige Menschen in Afghanistan besteht. Der vollständige Bericht kann hier nachgelesen werden.

Frühjahrstagung des Arbeitskreises Arbeitsrecht der VDJ am 26.03.2022 in Frankfurt und online

Die Frühjahrstagung des Arbeitskreises Arbeitsrecht der VDJ findert am 26.03.2022 in Frankfurt im House of Labour und online statt. Thematisch geplant ist: 1.  Als Referentin hat bereits zugesagt Frau Prof. Dr. Katja Nebe vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Recht der sozialen Sicherheit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Thematisch wird es um die "Vereinbarkeit Familie und Beruf" gehen. 2.Theresa Tschenker, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder und Pascal Annerfelt, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe Universität Frankfurt/Main werden zum Thema des "politischen" Streiks referieren. Die Anmeldung ist unter möglich unter: AKArbR@arbeitsrechtsanwaelte-hamburg.de Aktuelle und ausführlichere Infos finden sich hier.

Buchveröffentlichung im Fischer-Verlag: Neue Auflage des Reports "Recht gegen Rechts" erschienen

Last but not least wollen wir in diesem Newsletter auf den diesjährigen Report "Recht gegen Rechts" hinweisen, der im Januar im Fischer-Verlag erschienen ist. Der Report setzt sich mit rechtsextremen Tendenzen im Recht auseinander. Attacken der AfD auf die Meinungsfreiheit, Orbans rechtsstaatsfeindliche Politik in Ungarn und das Urteil im Prozess gegen den Attentäter von Halle gehören zu den Themen des diesjährigen Reports. Die Veröffentlichung des Reports wurde auch in diesem Jahr von der Vereiniung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) unterstützt. Eine spannende Leseprobe findet sich hier.

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