VDJ Info 10/2023 vom 02.08.2023

Offener Brief zur Justizreform in Israel an das Auswärtige Amt und Parlamentarier:innen mit Kontakten nach Israel

In einem offenen Brief an das Auswärtige Amt und die Parlamentarier:innen mit Kontakt nach Israel vom 20.07.2023, der hier nachgelesen werden kann, rief die VDJ gemeinsam mit der Humanistischen Union (HU) und dem Republikanischen Anwältinnen und Anwälteverein (RAV) dazu auf, alle Kanäle zu nutzen, um die geplante Justizreform in Israel zu verhindern. Die Reform, gegen die seit Dezember 2022 jedes Wochenende Hunderttausende demonstrieren, stellt nach Einschätzung der israelischen Zivilbevölkerung einen wesentlichen Schritt beim Umbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen hin zu einem autoritären System dar. Die Gefahren der Reform stellte der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Eli Salzberger bei einer von der VDJ organisierten Vortragsreihe im Juni in verschiedenen deutschen Städten überzeugend dar. Die Erklärung geht auch auf diesen Kontakt zu progressiven israelischen Gruppen zurück. Der erste Reformschritt, eine Veränderung der Regeln der Besetzung des Obersten Gerichts, ist wenige Tage nach dem Aufruf und trotz anhaltender Proteste von der rechten Regierungsmehrheit in der Knesset verabschiedet worden. Die VDJ unterstützt weiterhin die Zivilbevölkerung in Israel in ihrem Kampf für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gleiche Menschenrechte.


Einladung zur Tagung der European Lawyers for Workers am 20.10.2023 in Frankfurt am Main: "Durchsetzung der Rechte von Arbeitnehmer:innen durch strategische Prozessführung"

Am 20. Oktober 2023 findet im House of Labour in Frankfurt am Main unter dem Titel "Durchsetzung von Rechten der Arbeitnehmer:innen durch strategische Prozessführung" eine vielsprachige und hochkarätig besetzte Konferenz mit Simultanübersetzung auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch statt. Die Tagung will das Potenzial strategischer Prozessführung als Weg zur Stärkung der Stellung von (gefährdeten) Arbeitnehmer:innen in der EU erforschen. Gewerkschafter:innen, Anwält:innen und Arbeitsrechtswissenschaftler:innen präsentieren und diskutieren praktische Beispiele für erfolgreiche Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und nationalen Arbeitsgerichten in verschiedenen europäischen Staaten. Das vollständige Tagungsprogramm mit allen Referent:innen findet sich hier. Die Anmeldung zur Tagung, zu der die VDJ als Mitveranstalterin herzlich einlädt, kann ab sofort über diesen Link hier erfolgen.


Bürgerrechtsorganisationen kritisieren die Repressionen gegen Klima-Aktivist*innen!

In einer gemeinsamen Erklärung des Komitees für Grundrechte und Demokratie, der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIFF) kritisieren die drei Organisationen die unverhältnismäßigen repressiven Maßnahmen gegen Klimaaktivist:innen. Anlass ist die Heranziehung von § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) durch bayerische Behörden zur Rechtfertigung von Hausdurchsuchungen und zur Sperrung von Webseiten. Die politische Verwendung des Straftatbestands in § 129 StGB durch staatliche Behörden wird von Bürgerrechtsorganisationen seit langem kritisiert. Die Unterbindung von Klimaprotesten mit den Mitteln des politischen Strafrechts lehnen die unterzeichnenden Vereinigungen mit Nachdruck ab. Die Erklärung ist hier zu finden.


Stellungnahme der IALANA zur Lieferung von Streumunition an die Ukraine

Mit einer Erklärung von 21.07.2023 kritisiert die Deutsche Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) die Entscheidung der USA zur Lieferung von Streumunition an die Ukraine. Streumunition ist durch das "Übereinkommen zum Verbot von Streumunition" von zahlreichen Staaten völkerrechtlich geächtet. Die Vereinigten Staaten und die Ukraine gehören dem Vertrag zwar nicht an, da die Lieferung jedoch über die Bundesrepublik erfolgt, wäre es Vertragspflicht der Bundesregierung, die Lieferung zu unterbinden. Der Internationale Gerichtshof hat es zudem als verbindliches Völkerrecht angesehen, dass Waffen, "die nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen unterscheiden können", nicht eingesetzt werden dürfen. Daraus folgt für die IALANA, dass "sowohl das angreifende Russland als auch die sich verteidigende Ukraine durch den Einsatz von Streumunition gegen das Völkerrecht" verstoßen. Die Erklärung findet sich hier.


Resolutionen des RAV-Kongresses "Recht für alle" in Leipzig

Am 16.-17. Juni 2023 fand unter dem Titel "Recht für alle?! Solidarische Rechtskämpfe in Krisenzeiten" der RAV-Kongress in Leipzig statt. Mit vielen spannenden Panels zu rechtspolitischen Themen setze sich der Kongress mit der Frage auseinander, welches Recht für wen gelten soll. Auf dem Kongress wurden außerdem drei rechtspolitische Resolutionen verabschiedet, die auf der RAV-Webseite nachgelesen werden können: Eine Erklärung zur Repression gegen die letzte Generation, eine Erklärung zur sofortigen Beendigung der Repressionen im Iran und eine Kritik an den jüngsten Asylrechtsverschärfungen, die als ein grenzenloser Ausverkauf kritisiert werden. Der Kongress beweist, dass es ein lebendiges Interesse an einer fortschrittlichen Diskussion über Recht und an einer solidarischen internationalen Perspektive auch unter Jurist:innen gibt

Lesenswert

Vor 120 Jahren wurde Hans Litten geboren. Bereits am 19. Juni hätte der Rechtsanwalt und Namensgeber des Hans-Litten-Preises der VDJ seinen 120. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass hat André Paschke einen äußerst lesenswerten Beitrag über den berühmten Strafverteidiger und Ankläger Hitlers im Jacobin Magazin veröffentlicht, der hier nachgelesen werden kann. Littens unerschrockener antifaschistischer Kampf, auch gegen die zunehmend reaktionäre Staatsmacht der Weimarer Republik, ist bis heute Vorbild für alle demokratischen Jurist*innen. Der Beitrag beleuchtet auch weniger bekannte Aspekte des Lebens und Wirkens von Litten und ist unbedingt zu empfehlen.

Rechtssprechungsüberblick

BVerfG: Pseudo-Vergütung von Strafgefangenen verfassungswidrig. Vielleicht sollte man den neuen CDU-Generalsekretär Linnemann daran erinnern, dass der Arbeitszwang in der Bundesrepublik als Lehre aus dem NS verfassungsmäßig verboten wurde und nur für Strafgefangene eine Ausnahme in das Grundgesetz aufgenommen worden ist. Ob diese Arbeit (mehr als nur symbolisch) vergütet werden muss, ist insbesondere seit der Einbindung der Gefängnisse in kapitalistische Produktionsprozesse ein Dauerthema. Mit Urteil vom 20.06.2023 hat der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts einen ersten Schritt getan und festgestellt, dass jedenfalls die extrem niedrigen Vergütungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen mit dem Zweck der Resozialisierung nicht vereinbar sind und deshalb gegen das Grundgesetz verstoßen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit nicht nur die in dem Urteil beanstandeten Resozialisierungkonzepte überarbeitet werden, sondern auch eine tatsächliche Aufwertung der Gefangenenarbeit als Teil des Wertschöpfungsprozesses erfolgen wird. Eine Pressemitteilung des Gerichts findet sich hier.


Weitere Termine

  • Arbeitskreis Familienrecht/Sozialpolitik. Am 14.10.2023, 11-16 Uhr, spricht Notar Dr. Reetz zu "Scheidungsfolgenregelungenmit den Bereichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich, sowie Vermögensauseinandersetzung".
  • Die Herbsttagung des Arbeitskreises Arbeitsrecht findet am 04.11.2023 im IG Metall-Hochhaus statt. Das vollständige Programm mit Prof. Dr. Wolfgang Däuber, Dr. Regine Winter, RiBAG a.D. und RA Rüdiger Helm sowie alle Infos zur Anmeldung finden sich hier.

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