Stellungnahme

Einreisesperre gegen den Schriftsteller Mohamedou Ould Slahi vom Verwaltungsgericht Düsseldorf aufgehoben

Prozessbeobachtung der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ)

14 Jahre lang ist der Schriftsteller Mohamedou Ould Slahi zu Unrecht in Guantanamo festgehalten worden. Vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf klagte er gegen die Entscheidung der Ausländerbehörde Duisburg, ihn bis zum Jahre 2042 mit einem Einreiseverbot nach Deutschland zu belegen. An der mündliche Verhandlung am 22. November 2023 nahmen zahlreiche Beobachter teil, darunter Vertreter des European Center for Constitutional and Human Rights e.V.(ECCHR), der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V (VDJ), der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt e.V. (EJDM) und der Haldane Society of Socialist Lawyers.

Ould Slahi ist mauretanischer Staatsangehöriger. Er lebte von 1988 bis 2000 in der Bundesrepublik Deutschland und schloss hier ein Studium der Elektrotechnik ab. Zurzeit lebt er in den Niederlanden und arbeitet dort als Schriftsteller. Er konnte zuletzt ohne Probleme in einige europäische Länder einreisen. Nur Deutschland verweigert ihm dies bisher, so dass er auch nicht an Kulturveranstaltungen teilnehmen konnte. Im Prozess erklärte Ould Slahi, dass er gerne nach Deutschland kommen möchte, weil er die hiesige Kultur schätzt und hier Verwandte von ihm leben. Er betonte nachdrücklich, dass er Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für wesentliche Werte halte und dass er allein auf eine Versöhnung aus sei.

Hintergrund der Einreisesperre ist, dass Ould Slahi 1999 Kontakt zu einigen der späteren Attentäter auf das World Trade Center hatte und er ihnen seinerzeit vorgeschlagen haben soll, statt nach Tschetschenien doch lieber nach Afghanistan zu gehen. Unter dem Verdacht, dass er Unterstützer der Al Kaeda sei, ist er dann 2001 in Mauretanien gekidnappt und über Jordanien und Afghanistan im August 2002 in das Gefangenenlager Guantanamo verbracht worden, wo er Opfer von Folter wurde. Erst im Jahre 2016 ist er nach eingehender Überprüfung entlassen und nach Mauretanien verbracht worden, weil ihm eine Beteiligung an den Anschlägen des 9/11 nicht nachgewiesen werden konnte.

Bereits im Jahre 2000 hatte die Ausländerbehörde der Stadt Duisburg gegen ihn eine Ausweisung verfügt, weil er in Deutschland wegen des unrechtmäßigen Bezugs von Sozialleistungen zu 6 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Dies hatte nach der damals geltenden Rechtslage nach dem AuslG 1990 eine unbefristete Wiedereinreisesperre zur Folge. Als Ould Slahi im Jahre 2020 die Aufhebung beziehungsweise nachträgliche Befristung der Einreisesperre beantragte, entschied das Amt in Duisburg 2022, dass ihm wegen angeblicher Gefährdung der Sicherheit weitere 20 Jahre eine Einreise nach Deutschland nicht erlaubt werden soll. Dabei stützte es sich im Wesentlichen auf die Erkenntnisse, die bereits zu seiner Verschleppung nach Guantanamo führten und dort trotz jahrelanger Folter und intensiver Bemühungen der US-Sicherheitsbehörden nicht nachgewiesen werden konnten. Zum Prozess, zu dem er vom Gericht geladen war, konnte er nur erscheinen, weil ihm eine so genannte Betretenserlaubnis erteilt wurde. Dabei wurde er auf seinem Weg zum Gericht von Polizisten begleitet.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärte die von der Behörde verhängte Einreisesperre für rechtswidrig und befristete sie deshalb auf den Tag der mündlichen Verhandlung. Dabei stützte sich das Gericht entscheidend darauf, dass die Rückführungsrichtlinie der EU (2008/115 EU) durch die Bundesrepublik Deutschland nicht rechtzeitig umgesetzt wurde. Deshalb galt diese Richtlinie ab 2010 unmittelbar, weshalb grundsätzlich nur eine Einreisesperre von fünf Jahren möglich war. Die jetzt in § 11 Abs. 5 a AufenthG vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung in dem Falle, dass eine terroristische Gefahr von dem Betreffenden ausgeht, ist nach Ansicht des Gerichtes hier nicht anwendbar, weil die ursprüngliche Ordnungsverfügung nicht darauf gestützt war, sondern sich auf den strafrechtlichen Verstoß beschränkte.

Eine spätere Verlängerung der Einreisesperre ist zudem nach Ansicht des Gerichtes im Gesetz nicht vorgesehen, weil dort nur von einer möglichen nachträglichen Verkürzung die Rede ist. Deshalb war die Ordnungsverfügung rechtswidrig und das Gericht hob sie auf. Da das Gericht allerdings sowohl die Berufung als auch die Sprungrevision zugelassen hat, ist zu befürchten, dass dies noch nicht das letzte Wort in dieser Sache ist.

Interessant am Verfahren war auch, dass eine Schöffin zu Beginn erklärte, dass sie damals ihren Verlobten bei dem Anschlag auf das World Trade Center verloren hatte, was dann zu einem Befangenheitsantrag durch die Anwälte des Klägers führte. Nach entsprechendem Hinweis durch das Gericht und erneuter Beratung unter den Anwälten wurde dieser Antrag zunächst zurückgestellt und schließlich am Ende der Verhandlung zurückgezogen.

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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