'Wir brauchen keinen Überwachungsverbund von Polizei und Geheimdiensten!
Der Vorsitzende der VDJ, der Berliner Staatsrechtsprofessor Dr. Martin Kutscha, hat die Forderungen von CDU- und SPD-Innenpolitikern nach der Schaffung neuer Überwachungsbefugnisse von Sicherheitsbehörden entschieden zurückgewiesen:
„Die Panne bei der Observation des selbsternannten ‚Kalifen von Köln’ ist offenbar auf rein handwerkliche Fehler der dabei eingesetzten Beamten zurückzuführen. Gleichwohl bietet sie manchen Innenpolitikern den nicht unwillkommenen Anlass, wieder einmal nach einer Ausweitung staatlicher Überwachungsbefugnisse durch die Verschärfung der bestehenden Gesetze zu rufen.
Im Fahrwasser etlicher CDU-Politiker argumentiert nunmehr der SPD-Abgeordnete Wiefelspütz so, als ob die Polizeien von jeglicher Information durch die Verfassungsschutzämter hermetisch abgeschlossen seien. Dabei erlauben die geltenden Verfassungsschutzgesetze von Bund und Ländern unter bestimmten Voraussetzungen schon lange auch die Übermittlung von Informationen des Verfassungsschutzes an Polizeien und Staatsanwaltschaften.
Wenn Wiefelspütz nun aber sogar einen Online-Zugriff der Polizei auf Datenbestände des Verfassungsschutzes legalisieren will (FR-Interview v. 21. 5. 2004), werden damit auch noch die Restbestände des verfassungsrechtlichen Trennungsgebot für Polizei und Geheimdienste über Bord geworfen. Es entstünde auf diese Weise ein nahezu kompletter Überwachungsverbund zwischen der mit allen exekutiven Eingriffsbefugnissen ausgestatteten Polizei und dem weit im Vorfeld von Straftaten und Gefahrensituationen agierenden Verfassungsschutz.
Genau dies wollten die Verfassungsväter und -mütter aber gerade verhindert wissen.
Entschieden abzulehnen ist auch die Schaffung neuer Ermittlungsbefugnisse für das BKA ohne konkreten Tatverdacht.
Mit der Einführung der Befugnis zu solchen uferlosen ‚Initiativermittlungen’ würde dem BKA eine dem FBI vergleichbare Rolle zugewiesen und neben dem Bundesgrenzschutz eine zweite Bundespolizei installiert, womit die verfassungsmäßig verankerte
Bundesstaatlichkeit ein weiteres Stück ausgehöhlt würde“.
Mai 2004